Hintergrund der Heinz-Grohmann-Vorlesung
Mit der Grohmann-Vorlesung wird ein Wissenschaftler geehrt, der in seinem vielfältigen Wirken für die Statistik – innerhalb und außerhalb der Deutschen Statistischen Gesellschaft – in seltener und nachdrücklicher Weise wissenschaftliche Theorie und ihre Anwendung in der Praxis verbunden und mit seinen Arbeiten die politische Diskussion in verschiedenen Bereichen angestoßen und beeinflusst hat. Grundlegend war für ihn die Einsicht, dass in Wirtschaft und Gesellschaft politikrelevante wissenschaftliche Befunde stets auch die Beschäftigung mit den jeweiligen historischen Hintergründen und den institutionellen Rahmenbedingungen sowie den die Akteure lenkenden Zielsetzungen, Werten und Normen voraussetzt.
Die Grohmann-Vorlesung enthält anwendungsbezogene Themen aus dem Bereich von Wirtschafts-, Bevölkerungs- und Sozialstatistik, vor allem solche von besonderer ökonomischer oder gesellschaftlicher Bedeutung. Dabei ist das Spektrum breit angelegt. Es umfasst Themen der Familien-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik ebenso wie solche der Wohnungs-, Gesundheits- und Sozialpolitik, um nur einige gerade in einer alternden Gesellschaft wichtige Felder zu nennen. Konkrete Themen könnten etwa internationale Arbeitsmarktvergleiche (Zuwanderung, Fachkräftemangel) oder der Einfluss der Verbraucherpreise auf die Hartz IV-Regelsätze (Grenzen eines Statistikmodells) sein. Das Themenspektrum reicht aber auch weit in die Fragestellungen hinein, die der Stiglitz-Report ausgelöst hat: die statistische Messung von Wohlstand, gerade auch insoweit, als sich dieser nicht in Geldgrößen ausdrücken lässt. Hierzu gehört z. B. eine fundierte Erfassung und Bewertung der Haushaltsproduktion, die subjektive Einschätzung der eigenen Lebenslage im Verhältnis zu der am Einkommen gemessenen, die nicht pekuniären Effekte von Arbeitslosigkeit oder Krankheit, die Verfügbarkeit über Ressourcen wie Grundvermögen usw. Aus alledem, aber auch aus ganz anderen Überlegungen heraus kann sich die Frage nach einer eventuell notwendig werdenden Neuausrichtung des Systems der amtlichen Statistik, ja der gesamten informationellen Infrastruktur ableiten, wobei aber auch die Begrenztheit der Ressourcen und ein damit möglicherweise einhergehender Paradigmenwechsel thematisiert werden könnte. Dies alles und letztlich auch Themen wie das Ansehen der Statistik in der Gesellschaft, ethische Normen und Rechtsfragen der Statistik kommen als mögliche Themen der Grohmann-Vorlesung in Betracht.
Bisherige Redner der Heinz-Grohmann-Vorlesung
Jahr | Redner | Titel der Vorlesung |
---|---|---|
2019 | Prof. Dr. Bernd Fitzenberger | Lohnungleichheit in Deutschland: Fakten, Daten, Analysen |
2018 | Prof. Dr. Gabriele Doblhammer | Ein langes gesundes Leben? Neue Erkenntnisse durch die Nutzung bevölkerungsbezogener Sekundärdaten. |
2017 | Prof. Dr. Notburga Ott | Armutsmessung und Armutsbekämpfung: OECD-Skala und „Statistik“ -Modell der Regelbedarfsberechnung auf die Probe gestellt |
2016 | Prof. Dr. Walter Krämer | Die demografische Zeitbombe: Ursachen und Folgen der Kinderlosigkeit |
2015 | Prof. Dr. Joachim Wagner | 25 Jahre Nutzung vertraulicher Firmendaten der amtlichen Statistik für wirtschaftswissenschaftliche Forschung: Produkte, Projekte, Probleme, Perspektiven |
2014 | Prof. Dr. Walter Müller | Bildungschancen und soziale Mobilität in Deutschland |
2013 | Prof. Dr. Hans-Juergen Andreß | Armut und Reichtum: Deutschland in einer Welt zunehmender Einkommensungleichheit |
2012 | Prof. Dr. Wolfgang Lutz | Modeling and Forecasting Social Change with Demographic Methods |
2011 | Prof. Dr. Axel Börsch-Supan | Wie gut können wir die Folgen des demographischen Wandels abschätzen? Was ist sicher, wozu brauchen wir mehr Daten? |