Die Gumbel-Vorlesung, die auf der Statistischen Woche 2006 erstmals gehalten wurde, trägt den Namen des deutschen Statistikers Emil Julius Gumbel.

Als Bevölkerungsstatistiker und Begründer der Extremwertstatistik gehört Gumbel zu den bedeutendsten Vertretern seines Fachs. Geboren 1891 in München, studierte er dort Mathematik und Volkswirtschaftslehre. Nach seinem Abschluss in Versicherungsmathematik arbeitete er als Assistent von Georg von Mayr, dem Gründer des „Allgemeinen Statistischen Archivs“ und ersten Vorsitzenden der Deutschen Statistischen Gesellschaft. Gumbel promovierte 1914 bei Mayr mit seiner Schrift „Die Berechnung des Bevölkerungsstandes durch Interpolation“. Im Verlauf des ersten Weltkriegs wurde Gumbel zum aktiven Pazifisten. Während seiner Tätigkeit in Berlin, u.a. bei Telefunken, kam er in Kontakt zu Albert Einstein und Ladislaus von Bortkiewicz. Von letzterem beeinflusst, wandte er sich der wahrscheinlichkeits-theoretischen Modellierung der Statistik, speziell der Erstellung von Sterbetafeln zu. 1923 wurde er in Heidelberg für „Mathematische Statistik“ habilitiert. Auf Grund seiner politischen Publikationen, insbesondere über die Fememorde, verlangten die NS-Studenten and der Heidelberger Universität seine Entlassung, die schließlich im Sommer 1932 erfolgte. Er gehörte zu den ersten von den Nazis vertriebenen Wissenschaftlern. Die “Ausbürgerung“ erfolgte im August 1933 (1. Ausbürgerungsliste). Mit Aufkommen des Dritten Reiches musste er – aufgrund seiner jüdischen Herkunft und seiner pazifistischen Aktivitäten – Deutschland verlassen. Gumbel war im Winter 1932/33 Gastprofessor am Institut Pointcaré in Paris. Dank der Unterstützung seiner französischen Kollegen bekam er 1934 eine Stelle als Maitre des recherches am Institut de Science Financière te d’Assurances der Universität Lyon. 1940 musste er erneut flüchten. Dank eines Affidavit der New School for Social Research in New York gelang ihm die Flucht in die USA. An der New School arbeitete er von 1940 bis 1945, danach unterrichtete er an verschiedenen Colleges in New York und erhielt Forschungsaufträge. Ab 1953 war er Adjunct Professor am Department of Engineering der Columbia University New York. Emil Julius Gumbel starb 1966 in New York.

In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte Gumbel die Grundlagen der Extremwertstatistik. Ausgehend vom versicherungsmathematischen Problem der Sterbetafeln und Lebensdauerverteilungen untersuchte er das Maximum unabhängiger Zufallsvariabler und leitete ihre Grenzverteilungen her. Wichtigste Schriften dieser Zeit sind „Das Zufallsgesetz des Sterbens“ von 1932 sowie die Monographie „La durée extrême de la vie humaine“ von 1937. Seine theoretischen Erkenntnisse wandte er nicht nur in der Versicherungsmathematik an, sondern auch in der Klimaforschung – konkret in der Vorhersage von Überschwemmungen und anderen klimatischen Extremen. Sein Hauptwerk veröffentlichte er 1958 in der Monographie „Statistics of Extremes“.

Eine ausführliche Darstellung des Lebenswegs und des Werks von Gumbel findet man in Rendtel, U.; Wasmuht, U.; Wilrich, P.-Th. (2021): Emil Julius Gumbel – Innovativer Statistiker und engagierter Pazifist. AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv, Online, https://doi.org/10.1007/s11943-021-00293-0.

Übersicht

Jahr Titel
2021 Prof. Dr. Sonja Greven, Elastic analysis of irregularly or sparsely sampled curves
2019 Prof. Dr. Axel Bücher, On the block maxima method in extreme value statistics
2018 Prof. Dr. Tatyana Krivobokova, Adaptive estimation and testing in nonparametric regression with dependent errors
2017 Prof. Dr. Carsten Jentsch, Statistical inference on party positions from texts: statistical modeling, bootstrap and adjusting for time effects
2016 Prof. Dr. Hajo Holzmann, Nonparametric Identification and Estimation in a Triangular Random Coefficient Regression Model
2015 Prof. Dr. Christoph Rothe, Partial identication in regression discontinuity designs with manipulated running variables
2014 Prof. Dr. Alexander Aue, The Marcenko-Pastur Law for Linear Time Series
2013 Prof. Dr. Mark Podolskij, Inference and limit theory for ambit fields
2012 Prof. Dr. Davy Paindaveine, Nonparametrically consistent depth-based classifiers
2011 Prof. Dr. Natalie Neumeyer, Specification testing in nonparametric quantile regression
2010 Prof. Dr. Patrik Guggenberger, On the Asymptotic Size of Testing Procedures
2009 Prof. Dr. Martin Wagner, Cointegration Analysis in State Space Systems
2008 Prof. Dr. Michael Wolf, Recent Advances in Multiple Testing
2007 Prof. Dr. Evgueni Spodarev, Räumliche Risikoanalyse in der Schadensversicherung
2006 Prof. Dr. Cristiano Varin, On composite marginal likelihood inference for hierarchical models